Wenn Schweigen teuer wird – was passiert, wenn man nichts gegen innere Kündigung tut
Es ist 9:37 Uhr. Die täglichen Stand-ups in der Fertigung laufen, doch Sven wirft nur einen flüchtigen Blick zur Gruppe, bevor er sich schweigend an die CNC-Fräse stellt. Vor zwei Jahren brachte er Verbesserungsideen im Wochentakt ein; heute spult er Dienst nach Vorschrift ab. Seine Kollegen merken es, sein Teamleiter spürt es, doch niemand spricht es an. Sven hat innerlich längst gekündigt – und weil alle das Schweigen akzeptieren, zahlt bald das ganze Unternehmen den Preis.
Die stille Erosion: Zahlen, die man nicht überhören kann
Was bei Sven leise beginnt, summiert sich bundesweit zu einer gewaltigen Schallmauer aus Frust und Produktivitätsverlust. Laut Gallup Engagement Index 2024 fühlen sich nur noch 13 Prozent der Beschäftigten emotional an ihr Unternehmen gebunden; 69 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, und satte 18 Prozent haben bereits innerlich gekündigt – der höchste Wert seit 2012.
Diese innere Abkopplung frisst Wertschöpfung. Gallup beziffert den jährlichen Schaden durch fehlendes Engagement auf 113 bis 135 Milliarden Euro – nahezu das Dreifache des Bundesetats für Bildung. Dazu kommen handfeste Folgekosten im Alltag: Wer innerlich gekündigt hat, fehlt im Schnitt rund drei Krankheitstage pro Jahr mehr als hoch engagierte Kolleginnen und Kollegen.
Warum Fluktuation nur die Spitze des Eisbergs ist
Die meisten Firmen registrieren das Problem erst, wenn die Kündigung auf dem Tisch liegt. Doch der wahre Schaden beginnt viel früher – ganz ohne Exit-Interview. Während Monaten oder Jahren innerer Kündigung sinken Tempo, Präzision und Innovationsfreude. Teams müssen Fehler ausbügeln, Führungskräfte verbringen mehr Zeit mit Kontrolle als mit Coaching, und Kunden spüren eine unmerkliche, aber stetige Verschlechterung des Servicelevels.
Eine LinkedIn-Analyse von 2025 zeigt, dass jede vakante Fachkraft durchschnittlich 120 Tage unbesetzt bleibt; addiert man Recruiting-Kosten, Einarbeitung und entgangene Aufträge, kostet ein einziger Abgang bis zu 45 000 Euro. Doch noch teurer ist das unsichtbare Schweigen davor: Ideen, die nicht geäußert werden, und Probleme, die niemand meldet, lassen Umsätze verdunsten, ohne je in der GuV aufzutauchen.